Geschichte der Dölauer Heide
Die Dölauer Heide blickt auf eine bewegte Geschichte durch die Jahrtausende zurück. Die Erschließung und Aufdeckung der geschichtlichen Abläufe, auch der Stadt Halle und ihrer Umgebung, sind eng mit dem Namen des Hallenser Heimatforschers und Germanisten Baron Dr. Siegmar von Schultze-Galléra verknüpft.
In umfangreicher Detailarbeit und Recherchetätigkeit leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Dokumentation der historischen und kulturgeschichtlichen Vergangenheit der Region, was sich in einem mehr als eintausend Titel umfassenden heimatgeschichtlichen Werk niederschlug. Damit ist dieses Werk nicht zuletzt auch die Grundlage für die unten stehenden Ausführungen und soll an anderer Stelle durch eine kurze Biografie des Heimatforschers gewürdigt werden.
Bereits in ur- und frühgeschichtlicher Zeit war die Heide als Wald vorhanden, vermutlich als Eichenwald. Allerdings erstreckte sich das Waldareal über eine wesentlich größere Fläche als heute. Durch eine umfangreiche Ausbeutung der Holzbestände, insbesondere durch das Aufkommen der Salzsiedereien und die Industrialisierung im Raum Halle hat die Waldfläche stark abgenommen. Mit ihrer heutigen Ausdehnung von ca. 7 qm² ist sie dennoch das größte zusammenhängende Waldgebiet im Bereich des Saalkreises.
Ur- und Frühgeschichte
Schon früh gab es menschliche Besiedlung in der Dölauer Heide. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlangte man Kenntnis von urgeschichtlichen Siedlungen. Durch mehrfache Ausgrabungen und archäologische Funde konnten unterschiedliche Siedlungsepochen belegt werden. Bereits zwischen 3500 und 3000 vor Chr. lebten Angehörige der Baalberger Kultur, die zur frühen Trichterbecherkultur der Jungsteinzeit gerechnet wird, in der Heide. Im Umfeld der Bischofswiese konnte eine befestigte Siedlung nachgewiesen werden, die etwa zwischen 3500 und 2800 vor Chr. existierte. Auch am Nordrand des Waldgebietes wurden Siedlungsplätze der Baalberger und Salzmünder Kultur gefunden. Die mittelneolithischen Heidebewohner waren Ackerbauern und Viehhalter, die urtümliche Weizenarten, wie Emmer und Einkorn sowie Gerste anbauten. Als Nutztiere hielten sie Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen sowie als Haustiere Hunde.
Erste Ansiedlungen in der Neuzeit
Ab ca. 500 nach Chr. siedelten die Germanen in der Heide. Ihnen folgten im
7. und 8. Jahrhundert die Wenden (Sorben). Insgesamt gab es 14 wendische Siedlungen, von denen sieben untergingen. Viele aktuelle Ortsnamen der Heidedörfer gehen noch heute auf die germanische und wendische Besiedlung zurück. Nietleben war beispielsweise eine germanische Siedlung, was die Endung „-leben" für „Hinterlassenschaft" oder „Erbgut" verdeutlicht. Viele Heidesagen haben ihren Ursprung im Götterglauben der Wenden, so etwa die Sage um die weiße Frau bzw. Prinzessin Zorges.
Wechselvolle Geschichte im Mittelalter
Ab 1145 gehörte die Dölauer Heide zum Erzbistum Magdeburg, später zum Herzogtum Magdeburg. Unter den Erzbischöfen wurde das Heidegebiet in unterschiedlich große Teilstücke untergliedert, die sogenannten „Heidemarken", welche zur Bewirtschaftung freigegeben wurden. Sie wurden an Vasallen, den Landadel sowie Patrizier der Stadt Halle verliehen. Daneben wurden auch Stifte und Klöster in Halle mit Heidemarken belehnt. Die Heidemarken konnten mit Genehmigung des Erzbischofs weiterverkauft und vererbt werden. Die Besitzer nutzten die Heidemarken zur Gewinnerzielung, denn der Holzverkauf brachte hohe Erlöse, weil für die anhaltende Bautätigkeit der wachsenden Stadt und für die Befeuerung der Saline große Holzmengen benötigt wurden.
Beginn der Industrialisierung
Mit der Errichtung der Kröllwitzer Papiermühle 1715/1716 hielt die Industrie Einzug ins Heidegebiet. Sie wurde die wirtschaftliche Grundlage der Kröllwitzer Bevölkerung, während das Fischereihandwerk in den Hintergrund trat. Ab 1715 schürfte man in Zscherben nach Braunkohle. In Dölau wurde 1736 mit dem Steinkohlebergbau begonnen, und bis 1806 wurden insgesamt 561863 Tonnen abgebaut (7400 Tonnen jährlich im Durchschnitt). Nach den Freiheitskriegen wurde auch in Lieskau Kohle gefördert, was man aber bereits 1820 wieder aufgab. 1826 wurde in Nietleben das Bergwerk „Neuglück" eröffnet, welches einhundert Jahre in Betrieb war. Dem Kohlebergbau folgte der Abbau weiterer Bodenschätze, wie z. B. die Gewinnung von Kaolin bei Lettin und Dölau. Der Bergbau verursachte umfangreiche Schäden in der Heide, so kam es u. a. zu Erdrutschen.
Der Steinkohlenabbau bei Halle Dölau
Nachfolgend erhalten Sie eine bergschadenkundliche Einschätzung über den ehemaligen Steinkohleabbau bei Halle-Dölau. Wir veröffentlichen diesen Beitrag mit freundlicher Genehmigung durch Frau Heida Ott aus Halle.
bergschadenkundliche Einschätzung
Die Dölauer Heide als Ausflugsgebiet
Im 19. Jahrhundert begann die Erschließung der Heide als Ausflugsgebiet. Schon bald gehörten gemeinsame Himmelfahrts- und Pfingstausflüge zu beliebten Freizeitbeschäftigungen der Hallenser Bürger. 1807 entwickelte der bekannte Hallenser Arzt Reil die Idee, Halle zu einem Badeort zu machen, da Halle „in einer angenehmen Gegend liege". Seine hoffnungsvollen Pläne wurden jedoch durch die napoleonischen Kriege zerstört. Die Vernichtung von Holzbeständen, Abholzung sowie Holzdiebstähle führten zur weiteren Verringerung des Waldbestandes.
Die kulturelle Bedeutung der Heide
Die Entdeckung der Heide als Erholungswald führte zur Gründung diverser Vereine, die unterschiedliche Ziele verfolgten. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gründete sich die Gesellschaft „Kasino", die sich später „Kolk-Gesellschaft" nannte. Gemeinsam mit dem 1865 gegründeten Verschönerungsverein errichtete die Kolk-Gesellschaft 1880 auf dem Tonberg den Kolkturm.
Verkehrs- und Freizeitinfrastruktur
Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts durchzogen zwei Straßen das Heidegebiet. Eine nördliche Straße verlief von Beesenstedt über Dölau, die Brandberge und Kröllwitz über die Saale hinweg in südöstliche Richtung. Die zweite Straße, welche südlich von Eisleben nach Halle führte, wurde 1807/08 unter westfälischer Herrschaft ausgebaut und 1843 – 1847 unter den Preußen erneuert. Zwanzig Jahre später entstand die Eisenbahnlinie von Halle nach Kassel, die das Heidegebiet jedoch nur im südlichen Zipfel tangierte. Mit der Entstehung der Halle-Hettstedter-Eisenbahn im Jahre 1896 erfolgte schließlich ein wichtiger Schritt zur verkehrstechnischen Erschließung der Dölauer Heide.