Franz Tittel als Initiator der Waldheil-Kolonie

F. R. TittelAngeregt durch die Ideen der am Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommenen „Gar­ten­stadt­be­we­gung" und durch einen Besuch in den „Rudolstädter Tränken" entstand die Idee, auch den Hallenser Stadtbewohnern die Möglichkeit zu ge­ben, sich stadtnah in der Natur zu erholen.

So entwarf er um 1909 ein Anschreiben, in dem er für den Beitritt zu einem neu zu gründenden Verein „Waldheil" einlud. Zweck des Vereins sollte es sein, am Rande der Halleschen Heide eine Sommer- und Laubenniederlassung zu erbauen und seinen Mitgliedern durch einen gemeinschaftlichen Erwerb des Baugrundes einen preisgünstigen Zugang zur Verwirklichung dieser Idee zu gewähren.

Das Schreiben enthielt bereits einen Lage- und Bebauungsplan der verkäuflichen Baustellen (insgesamt ein Areal von ca. 50 Morgen Ackerland), verschiedene Architektenentwürfe für die geplanten Sommer- und Ein­fami­lien­häu­ser sowie eine Karte der Halleschen Heide.

Biografie von Franz Robert Tittel

Franz Robert Tittel kam am 2. Oktober 1860 in Halle an der Saale als Sohn einer alten Halleschen Familie zur Welt.

Sein Großvater, der 1791 gebo­rene Johann Gotthelf Tittel, war Zimmermann und Magazinverwalter an der Halleschen Saline. 1825 wurde sein Vater, der Lehrer Gottlieb Friedrich Robert Tittel, geboren. Er wurde vor allem als Mitbegründer des Pestalozzi-Vereins bekannt. Daneben rief er den „Ornithologischen Zentralverein für Sachsen und Thüringen" ins Leben und war u. a. Mitglied im Halleschen Vogelschutzverein.

Am 1. Oktober 1885 gründete der 25jährige Franz Robert Tittel in seinem Geburtshaus vor dem Rannischen Tore 3b
(später Liebenauer Str. 165) ein Juweliergeschäft. Folgende - von F.R. Tittel erstellte Eigenwerbung in Form einer Postkarte - wurde von Herrn Helmut Dräger, Lieskau, bereitgestellt:

Werbung Tittel

Später spezialisierte er sich auf Bestecke und betrieb ab den 30er Jahren das vermutlich größte Spezialgeschäft für Bestecke in Mitteldeutschland. Obwohl Tittel in der Stadt aufgewachsen war, war er sehr naturverbunden und fühlte sich in der Stadt ein­geengt. Seit etwa 1901 wohnte er im Sommer aus gesundheitlichen Gründen außerhalb von Halle in einer  Sommerwohnung, was zur damaligen Zeit noch sehr ungewöhnlich war. Es führte bei vielen Stadtbewoh­nern zu Unverständnis und brachte ihm den Ruf ein, einen „Naturfimmel" zu haben.

Tittel zeichnet maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Dölauer Heide für die Hallenser erschlossen wurde. So gründete er 1904 den Heide-Verein, und auch die Entstehung des Heidemuseums im Jahre 1909 geht auf ihn zurück. Tittel war nicht nur Vorsitzender des Heide-Vereins, sondern auch des Heimat- und Vogelschutz­vereins. In zahlreichen Vorträgen trat er für die Erhaltung der heimischen Vogelwelt ein. 1909 kam es schließlich auf Tittels Initiative zur Gründung des Vereins „Waldheil e.V." mit dem Ziel, am Rande der Heide bei Lieskau eine Sommerhäuser- und Laubenniederlassung zu errichten. Im Volksmund wurde diese Siedlung „Tittelei" genannt, wie in der Saale-Zeitung vom 30.01.1935 zu Ehren seines 75. Geburtstages im Jahre 1935 berichtet wurde.

TittelsteinVerdient machte sich Franz Robert Tittel ferner durch seinen intensiven Einsatz für deutsche Kriegs- und Zivilgefangene und Vermisste des ersten Weltkrieges sowie deren Angehörige. Bis 1932 stellte er sein Haus in der Schmeerstraße 12 und Teile seiner Privatwohnung unentgeltlich für diesen Zweck zur Verfügung. Im Nachlass Tittels im Stadtarchiv Halle finden sich zahlreiche Zeugnisse dieser Arbeit, für die er 1920 mit der Rote-Kreuz-Medaille zweiter Klasse ausgezeichnet wurde. Im Januar 1934 schließlich übernahm der fast 74jährige die Aufgabe, dem Heide-Verein ein neues Hei­de­mu­se­um zu geben, nachdem das erste Heidemuseum im ersten Weltkrieg untergegangen war.

In Anerkennung der Verdienste des Ehrenvorsitzenden des Heide-Vereins und unbesoldeten Stadtrates rund um die Heide wurde in dem Waldgebiet ein Gedenkstein (der sogenannte "Tittelstein") errichtet. Außer­dem wurde ein Weg im nördlichen Teil der Heide nach ihm benannt („Tittelweg"). Franz Robert Tittel verstarb am 18. März 1936 und wurde auf dem Halleschen Stadtgottesacker beigesetzt. 

Quellen:

Schick, Manfred:
Dem Schöpfer des neuen wie ehemaligen Heidemuseums, Herrn Juwelier Franz Tittel
In: Der Heide-Bote. – 8 (1934), Nr. 31 vom 02.08.1934, S. 1 - 2

Tittel, Franz Gerhard:
Zur Geschichte des Golschmiedebetriebes Juwelier Tittel - Halle
Halle, [ca. 1958]. - Stadtarchiv Halle: Nachlass Franz Robert Tittel