Sagen
Um die Dölauer (Hallesche) Heide ranken sich viele Sagen,
die sich in zahlreichen Veröffentlichungen niedergeschlagen haben.
Unten finden Sie eine kleine Auswahl.
Weitere Sagen finden Sie in den angegebenen Literaturhinweisen.
Die Heideprinzessin (Prinzessin Zorges, Die weiße Frau)
In der Dölauer Heide gibt es einen Berg, der früher den Namen Zorgesberg trug. In seinem Innern soll sich ein herrliches Schloss befinden, in dem die Prinzessin Zorges wohnt. Sie ist in diesen Berg verbannt worden und darf ihn nur um Mitternacht verlassen. Dann erscheint sie denen, die zu dieser Zeit durch den Wald kommen, in schwarzem Kleid mit weißer Schürze und einer hohen schwarz-weiß gewürfelten Mütze auf dem Kopf. So hat sie schon manchen, der Unrechtes vorhatte, mit rasselndem Schlüsselbund erschreckt. Wer aber ein gutes Gewissen hat, braucht von ihr nichts zu fürchten. Den belohnt sie und bittet ihn um Beistand, damit sie erlöst werden könne. Manchmal reitet sie auch in weißem Kleid auf einem schwarzen Pferd in Begleitung eines Hundes nach dem Granauer Holz. Am "weißen Berge" taucht sie als "weiße Frau" auf und hat dort schon mehrmals Fuhrleute vor einem Waldgeist gewarnt, der auf den Straßen der Gegend gern die Wagen umgeworfen hat. Die Prinzessin Zorges ist aber auch die "weiße Frau", die man in Dölau öfters in einer von Ziegenböcken gezogenen Kutsche umherfahren sieht. Wie immer sie in Erscheinung tritt, wenn die Kirchturmuhr eins schlägt und das Ende der Geisterstunde anzeigt, muss sie in ihren Berg zurück.
Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Der Schatz in der Heide
Auf der Bischofswiese soll einer der Erzbischöfe von Magdeburg, die jahrhundertelang die hallischen Stadtherren waren und auf dem Giebichenstein und auf der Moritzburg residierten, in unruhigen Kriegszeiten seinen Schatz vergraben und ihn später nicht wiedergefunden haben. Auf dieser Wiese war nämlich früher ein Kolk, d. h. ein sumpfiges Gelände. In warmen Sommernächten entstiegen ihm Gase, die sich entzündeten und als Irrlichter umhergeisterten. Aber die Menschen glaubten, es brenne der Schatz, und viele haben nachts danach gegraben. Ohne Erfolg. Es heißt, dass nur ein unbescholtenes Sonntagskind ihn eines Tages heben wird.
Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Die unheimliche Gestalt in der Heide
Einstmals kam ein hallischer Fischer auf seinem Heimwege nach Mitternacht durch die Dölauer Heide. Als ihm seine Tabakspfeife ausgegangen war, lehnte er sich an einen Baum, um sie wieder anzuzünden. Plötzlich erblickte er ganz in der Nähe eine männliche Gestalt, die unter einem Baum saß. Sie war nur mit Hemd, Unterhose und weißer Zipfelmütze bekleidet, und neben ihr lag ein langes Messer. Der Fischer war zu Tode erschrocken und wusste nicht, wie er sich verhalten solle. Er fürchtete, dass die Gestalt jeden Moment aufspringen und mit dem Messer auf ihn losgehen könnte. Aber das tat sie nicht, ja sie schien den Fischer gar nicht zu bemerken, sondern starrte unverwandt auf ihre Hände und bewegte sie, als ob sie sie wasche. Da bemerkte der Fischer, dass die Hände und die Hose der unheimlichen Gestalt ganz blutbesudelt waren. Während er noch überlegte, ob er die Erscheinung ansprechen oder sich heimlich entfernen solle, schlug die Nietlebener Turmuhr die erste Stunde, und im Nu war die Gestalt verschwunden. Als der Fischer am andern Tag erzählte, was ihm nachts in der Heide widerfahren war, sagte man ihm, an der genannten Stelle sei vor Jahren ein Mord begangen worden, der bisher noch nicht gesühnt wurde.
Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Der wilde Jäger in der Heide
An stürmischen Abenden im November oder in den Zwölfnächten tobt der wilde Jäger mit seinem Gefolge durch die Dölauer Heide. Ohne Kopf auf einem Schimmel sitzend, führt er die "wilde Jagd" an, zu der auch eine Hundemeute gehört. Wem sie begegnet, der sollte sich sogleich flach auf die Erde werfen. Dann zieht alles über ihn hinweg, und er nimmt keinen Schaden. Schlimm aber ergeht es denen, die den wilden Jäger anschauen oder ihn gar verspotten. Denen dreht er den Kopf so um, dass die Augen nach hinten schauen, oder er macht, dass solchen Menschen ein grässlicher Buckel wächst. Zuweilen reitet der wilde Jäger nicht in der Heide, sondern über sie hinweg durch die Lüfte. Das ist stets ein böses Vorzeichen, denn innerhalb von drei Tagen gibt es dann immer Stürme und Unwetter. Der wilden Jagd kann man in den Herbst- und Winternächten, aber auch im Mittelholz bei Gutenberg und an anderen Orten begegnen.
Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Heilungen am Kolkturmberg
Am Kreuzweg zu Füßen des alten Bischofsberges in der Dölauer Heide, der jetzt wegen des Kolkturmes, der auf ihm errichtet wurde, der Kolkturmberg heißt, soll es in fernen Jahrhunderten zu wunderbaren Heilungen gekommen sein. Wer sich das Bein verrenkt hatte, brauchte nur dorthin zu kommen, einen Stein auf den Fuß des vertretenen Beines zu legen, ihn üben den Kreuzweg zu schleudern, und schon war er geheilt. Auch Lahme auf Krücken brauchten diese nur über den Kreuzweg zu werfen und konnten danach unbehindert heimgehen. Auch andere Krankheiten soll man dort auf wunderbare Weise losgeworden sein.
Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Literaturhinweise
Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989
Neuß, Erich
Johannes und der Heidewald
In: Heideverein <Halle, Saale>: Jahresbericht des Heidevereins in Halle. – Halles, S.: Gebauer-Schwetschke, 1932. - S. 10 - 19
Schramm, Hans Joachim
Von der Dölauer Heide bis Rothenburg an der Saale
Sagen - Bräuche - Geschichten. - 1. Aufl. - Halle: Schwarzberg. - (Sagenhafte Heimat; 1)