Verhandelt am 16. Juni 1910

Verhandelt in der gemeinsamen Sitzung des Gemeinde-Kirchenrates u. Schulvorstandes am 16. Juni 1910

Anwesend sind vom Gemeinde-Kirchenrat der Vorsitzende und die Mitglieder: Hartwig und Hage; vom Schulvorstand ebenfalls der Vorsitzende und die
Mitglieder: Hartwig, Hage und Dräßig.

1) In Ansiedelungssachen des Eisenbahnobersekretärs Gustav [sic!] Braun in Halle a. S. beschließt der Gemeinde-Kirchenrat: Der verehrliche Kreisausschuß wird gebeten, dem p Braun die Genehmigung zum Bau eines Einfamilienhauses in der sogenannten Kolonie Waldheil bei Lieskau nur unter der Bedingung zu erteilen, daß vor der Errichtung dieses Hauses eine Summe von 850 M hinterlegt und daß der Kirchengemeinde die Befugnis der Verwendung dieser Summe, wenn die Kolonie wegen Veränderungen bzw. einer Neuordnung der Kirchenverhältnisse irgendwie erfolgen müsse, zuerkannt wird. Die Höhe der zu hinterlegenden Summe bestimmt sich mit Rücksicht darauf, daß, wie früher schon bemerkt worden ist, eventuell eine Vergrößerung der Kirche nötig wird

und Erschwerung des Pfarr- und Küsterdienstes eintritt, wovon man die Summe von im ganzen 25 000 M ansetzen zu müssen glaubt, was auf ca. 30 Einfamilienhäuser verteilt die obige Summe bedingt. – Spätere Fälle dieser Art sollen dem voranstehenden Beschluß gemäß ohne weiteres erledigt
werden.

2) Der Schulvorstand beschließt, im Hinblick auf eine in Ansiedelungssachen die Kolonie Waldheil betreffend bereits zweimal ergangene Mitteilung des Kreis-Ausschusses, daß Anträge des Schulvorstandes in Ansiedelungsangelegenheiten keine besondere Berücksichtigung finden können, da Lieskau einen Einzelschulverband bildet und die Schullasten demgemäß sich als Gemeindelasten darstellen, diesmal und auch bei eventuell später noch zur Verhandlung kommenden Ansiedelungsangelegenheiten von der Stellung besonderer Anträge abzusehen. Die politische Gemeinde soll hiervon ein für allemal in Kenntnis gesetzt werden.

3) Es ist eine Beschwerdeschrift des Telegrafensekretärs Braun in Halle a.S. gegen die Festsetzung des Kreis-Ausschusses von dem letzteren zur eventuellen Gegenerklärung eingegangen. Der Gemeinde-Kirchenrat beschließt, eine solche nicht abzugeben, dagegen die früher erhobenen Ansprüche neuerdings geltend zu machen mit der Begründung, daß sie mit allem Ernst und wohlbedacht erhoben seien, weil Belastungen durch die sogenannte Kolonie Waldheil nach allgemeiner Ansicht ebenso wie für die politische auch für die Kirchen-Gemeinde früher oder später sicher entstehen werden, wenn sich diese auch gegenwärtig des genaueren noch nicht auf- und feststellen lassen.

B) Das von der Königl. Regierung eingeforderte neue Gehaltsverzeichnis der I. Lehrerstelle wird festgestellt und unterschrieben.

V. g u. Hintzsche, Pastor, Vorsitzender Hartwig, Hage, Dräßig.

[Anmerkung: Dem Gemeindekirchenrat gehören vier Mitglieder an: Pfr. Hintzsche, Hage, Hartwig und August Knaut. Dem Schulvorstand gehören seit dem 01. 04. 1908 sechs Mitglieder an: Pfr. Hintzsche (Vorsitzender), Gemeindevorsteher Schulze (Vertreter des Vors.), der 1. Lehrer Dräßig, die Schöffen Hage und Hartwig, sowie Schmiedemeister Medewisch. (vgl. auch: Chronik der Schule in Lieskau, 2007, S. 71: Schulunterhaltungsgesetz vom 28. Juni 1906)]