Der wilde Jäger in der Heide

An stürmischen Abenden im November oder in den Zwölfnächten tobt der wilde Jäger mit seinem Gefolge durch die Dölauer Heide. Ohne Kopf auf einem Schimmel sitzend, führt er die "wilde Jagd" an, zu der auch eine Hundemeute gehört. Wem sie begegnet, der sollte sich sogleich flach auf die Erde werfen. Dann zieht alles über ihn hinweg, und er nimmt keinen Schaden. Schlimm aber ergeht es denen, die den wilden Jäger anschauen oder ihn gar verspotten. Denen dreht er den Kopf so um, dass die Augen nach hinten schauen, oder er macht, dass solchen Menschen ein grässlicher Buckel wächst. Zuweilen reitet der wilde Jäger nicht in der Heide, sondern über sie hinweg durch die Lüfte. Das ist stets ein böses Vorzeichen, denn innerhalb von drei Tagen gibt es dann immer Stürme und Unwetter. Der wilden Jagd kann man in den Herbst- und Winternächten, aber auch im Mittelholz bei Gutenberg und an anderen Orten begegnen.

Quelle: Lemmer, Manfred
Der Saalaffe
Sagen aus Halle und Umgebung. Ausgewählt und neu erzählt. - 1. Aufl. - Halle: VEB Postreiter-Verl., 1989