Die Ersterwähnung 1382
Die Ersterwähnung finden wir in
„Die ältesten Lehnbücher der Magdeburger Erzbischöfe"
herausgegeben von der „Historischen Commission der Provinz Sachsen", bearbeitet von Dr. Gustav Hertel, gedruckt und veröffentlicht im Verlag von Otto Hendel in Halle im Jahr 1883.
Zu der Urkunde und ihrer Deutung sind einige Vorbemerkungen angebracht:
Zunächst: Meine eigenen Lateinkenntnisse sind viel zu schwach, als dass mir die Übersetzung der Urkunde ins Deutsche gelingen könnte. Auf meine Bitte hin hat Herr Prof. Kirsch, der frühere Ordinarius der Latinistik an der MLU Halle – Wittenberg, die Übersetzung vorgenommen. Insofern fühle ich mich ziemlich sicher, was die Richtigkeit der Übertragung ins Deutsche anlangt.
Das Hinzuziehen eines Kenners des mittelalterlichen Latein war notwendig, wie sich bestätigt hat. Wie die beiden Passagen in Mittelhochdeutsch anzeigen, waren der Diktator und der Schreiber der Urkunde offenkundig des Lateinischen nicht durchweg mächtig. Was aber für einen Laien an einer wichtigen Stelle des Textes ein unlösbares Problem auftürmte, war ein „lateinisches" Wort, das es in der lateinischen Sprache nicht gibt, das vom Diktator vermutlich während des Diktats ad-hoc gebildet worden ist, das Wort „campones". Hier konnte nur ein Spezialist der Latinistik weiter helfen.
Aus dem Lehnbuch der Erzbischöfe Ludwig und Friedrich II.
Hans Burland de Littyn | Hans Burland aus Lettin |
Primo i curiam in Littin. – Item I fertonem in I manso campis ville Chudene. – Item eyn stucke heyde uff der heyde. – Item ii campones in manso campis ville maioris Beskow et an eyner kolgrube. – Item ii pullos de I agro uff dem rode. Actum ubi supra. | Erstens einen Hof in Lettin. – Sodann eine Viertelmark für eine Hufe in der Flur des Dorfes Uden.. – Sodann ein Stück Heide auf der Heide. – Sodann zwei Feldstücke in einer Hufe der Flur von Groß Lieskau und an einer Kohlengrube. – Sodann zwei Hühnchen von einem Acker in Überrode. Gegeben wie oben. |
3. Februar 1382
Die im Auftrag von Erzbischof Friedrich II. am 3. Februar 1382 für Hans Burland aus Lettin ausgestellte Belehnungsurkunde ist eine nach Ortschaften gegliederte Aufzählung verschiedenartiger Belehnungen. Die einzelnen Belehnungen sind untereinander deutlich abgehoben durch einen Punkt und einen Strich. Die „kolgrube" hat also nicht „uff der heyde" gelegen, wie gelegentlich zu lesen ist.
Der für uns wichtige Satz lautet: „Item ii campones in i manso campis ville maioris Beskow et an eyner kolgrube", vorn und hinten abgegrenzt durch jeweils Punkt und Strich. Mit „maioris Beskow" ist Groß Lieskau bzw. Lieskau gemeint. So hat sich in einer Fußnote schon der Urkundenleser Hertel geäußert, dafür sprachen sich auch die bekannten Historiker H. Freydank und E. Neuß aus. In mehreren Urkunden jener Zeit wird Lieskau „Leßkow" geschrieben. Das große „B" könnte ein verschriebenes „L" sein.
Wahrscheinlicher aber ist, dass der Diktator der Urkunde die Ortschaften, deren Namen er diktierte, aus eigener Anschauung nicht gekannt und die Namen wirklich in falscher Form diktiert hat, denn mit Ausnahme von Lettin, das auch in zwei Schreibweisen erscheint, was wohl dem Schreiber anzulasten ist, sind auch die anderen in der Urkunde aufgeführten Ortsnamen, also Chudene und rode, verschrieben bzw. unrichtig diktiert. Und die Bezeichnung Lieskaus als Groß Lieskau erklärt sich einfach aus dem Vorhandensein einer Ortschaft Klein Lieskau, die aber um die Zeit der Ausstellung dieser Urkunde wüst fiel.
Hans Burland erhielt also 2 Feld- bzw. Ackerstücke einer Hufe in der Flur von Lieskau. Zusätzlich wird zur Kennzeichnung der Lage der verliehenen Feldstücke angegeben : „an einer kolgrube".
Was war nun mit der „kolgrube" gemeint? Wir müssen uns natürlich fragen, welche Bedeutung dieses Wort im 14. Jh. gehabt hat, nicht, was man heute darunter verstehen würde. Nach dem
Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm kommen drei Bedeutungen in Betracht:
a) eine Grube zum Überwintern von Kohl;
b) eine Grube zum Kohlenbrennen, also zur Herstellung von Holzkohle;
c) eine Steinkohlen- bzw. Kohlengrube, wobei zu bedenken ist, dass bis gegen Ende des 18. Jh. alle mineralischen Kohlen als Steinkohle bezeichnet worden sind und es den Begriff Braunkohle noch gar nicht gab.
Wenn wir nun bedenken, dass die „kolgrube" erwähnt wird, um die Lage der verliehenen Ackerstücke zu kennzeichnen, dann lässt das erkennen, dass die „kolgrube" eine deutlich sichtbare und auch ortsfeste Landmarke gewesen ist, was unter den drei möglichen Bedeutungen allein für die Kohlengrube zutrifft. Denn eine für den häuslichen Bedarf dimensionierte Kohlgrube war klein und lag wohl in der Nähe des Wohnhauses und nicht inmitten des Ackers und eine Grube zum Kohlenbrennen war morphologisch nicht deutlich als Landmarke sichtbar und wohl auch nicht ortsfest, wurde vielmehr in der Nähe des jeweils geschlagenen Holzes angelegt. So bleibt als Deutung nur die Kohlengrube übrig, die nur eine Braunkohlengrube gewesen sein kann, weil es andere Kohlen in der Flur von Lieskau nicht gegeben hat.
Was sich sonst noch, mit einiger Vorsicht, sagen ließe, ist dies:
- die Braunkohlengrube lag in der freien Feldflur und war deshalb deutlich sichtbar,
- sichtbar war das Übertage-Gebäude der Grube, ein hölzernes Gerüst, das vermutlich ein Dach trug, um gegen das Regenwasser zu schützen,
- die Teufe der Grube kann nur wenige Meter betragen haben,
- die Menge der geförderten Kohle kann nur minimal gewesen sein, da die Kohle als Brennmaterial noch gar nicht gebraucht wurde,
Eine topographische Fixierung ist nicht möglich. Es lassen sich nur jene Teile der Lieskauer Feldmark ausschließen, die entweder zur Feldmark von Klein Lieskau gehörten oder jene, die keine Kohle führen.
Über Jahrhunderte hin gibt es keine neuen Nachrichten von Kohle bei Lieskau. 1738 erwähnt dann Bergrat Decker, dass in einem Kalksteinbruch bei Lieskau ein Kohlebesteg vorkommen soll, doch taucht Lieskau 1750 in einer Zusammenstellung des Bergamts Wettin über Orte, wo braune Kohlen anstehen, nicht auf, hingegen Dölau, Granau, Nietleben und Zscherben.